Tourismuskaufleute reisten Ende April zum Abschluss des von der Heilbronner Bürgerstiftung mit 4.000 Euro geförderten Europa-Projekts nach Istanbul.

Die Idee
Ein halbes Jahr lang arbeiteten die Tourismuskaufleute der Gustav-von-Schmoller-Schule mit Schülerinnen und Schülern des Sancaktepe Anadolu Lisesi in Istanbul gemeinsam an Themen, die kulturelle Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen der Türkei und Deutschland deutlich machten. Verfasst wurden die Beiträge in englischer Sprache, und sie wurden mittels Internet zur weiteren Besprechung und Beurteilung einander gegenüber gestellt.
Die Anreise
Nach wochenlangem Planen und Kennenlernen via Bildschirm starteten 14 Schülerinnen der Tourismusklasse in Begleitung der Lehrkräfte Ursula Bühler und Ali Madensoy am 16. April 2015 mit dem Flieger von Stuttgart zum Atatürk Flughafen nach Istanbul. Nach der Passkontrolle wurden wir herzlich von Yunus Kul, Assistent des Bürgermeisters von Sancaktepe, empfangen, und weiter ging es mit dem Bus zu unserem Hostel am Taksim-Platz im Zentrum von Istanbul.

Bereits während der Fahrt durch den quirligen und rasanten Feierabendverkehr Istanbuls zeigten sich die Temperamentsunterschiede beider Nationen, und am Ziel angekommen, hatten wir eine klare Vorstellung davon, was „rush hour“ wirklich bedeutet.
Unsere Umgebung
Im Vordergrund der Reise stand die persönliche Begegnung der Projektteams und der beteiligten Lehrkräfte, doch gleichzeitig hatten die deutschen Touristikerinnen die einmalige Gelegenheit, neue Zielgebietskenntnisse zu erwerben. Die beiden Insider, Mitschülerin Linda, und Begleitlehrer Ali Madensoy, beide der türkischen Sprache mächtig, führten uns am ersten Tag vom Hostel quer über den Taksim-Platz, durch die Istiklal Caddesi, das Zentrum des modernen Istanbuls und die belebteste Straße der Stadt mit einer Mischung aus Kirchen, Moscheen, Läden und einer Vielzahl von Restaurants und Cafés. Noch ein kurzer Blick auf den Galata-Turm,

das letzte Überbleibsel der Stadtmauer, und ab ging‘s zum typisch türkischen Abendessen ins Restaurant, von Linda persönlich ausgewählt und reserviert.

Zum Abschluss des Abends entführte uns Linda auf die Dachterrasse eines Altstadthauses, wo wir den schönsten Blick über den Bosporus und die abendliche Altstadt von Istanbul genossen.

Die Begegnung der Teams
Früh am nächsten Morgen holte uns der Bus unserer Gastgeber aus Sancaktepe am Hostel ab; wir fuhren über die mächtige Bosporus-Brücke auf die asiatische Seite Istanbuls. Gleich zu Beginn der Reise erlebten wir die großzügige türkische Gastfreundschaft, Yunus Kul, der seitens der Gastgeber diese Begegnung organisierte und finanzierte, ließ es sich nicht nehmen, uns auf der Fahrt zu begleiten. Bei einem kurzen Stopp am Atatürk-Park von Sancaktepe konnten wir einen Blick auf den Neubau des Rathauses werfen, danach ging es weiter zum dortigen Sportkomplex und Kulturzentrum. Trainer und Lehrkräfte standen bereit, um uns die für 11.000 Mitglieder kostenlosen Trainings- und Bildungsangebote zu zeigen und zu erläutern.

Möchten Sie ein bisschen Ball spielen?
Auf die Frage an die deutschen Gäste: „Möchten Sie ein bisschen Ball spielen“, gab es doch tatsächlich ein zustimmendes „Ja“ und gemeinsam mit der türkischen Trainerin wurden die ersten Bälle im Basketballkorb versenkt.

Das Balltraining war beendet und unvermittelt saßen wir im Englischunterricht einer Kleingruppe und ließen uns von den achtjährigen Schülern auf türkisch-englisch begeistern. Danach brachte uns der Bus zwei Ecken weiter und plötzlich standen wir mitten auf dem Schulhof unserer Partnerschule. Aus allen Fenstern des Gebäudes schauten die Schüler auf uns und beim Betreten des Gebäudes erwartet uns ein überaus herzlicher Willkommensgruß.

Schule mit ihren Aktivitäten
Unsere Projektpartner zeigten uns in einem Präsentationsfilm die Schule mit ihren Aktivitäten und zwei Schüler des Sancaktepe Anadolu Lisesi begrüßten uns mit einer Willkommensrede. Danach überreichten nicht nur wir unsere Gastgeschenke, sondern auch wir als Gäste erhielten Geschenke. Spontan und herzlich gingen die in der Projektarbeit einander gegenübergestellten deutschen und türkischen Teams aufeinander zu, um sich nun persönlich kennenzulernen.

Schulleiterin, Lehrer und Schüler versammelten sich vor dem Schulgebäude, um diese Begegnung in vielen Fotos festzuhalten.

Beim anschließenden gemeinsamen Mittagessen waren nicht nur unsere Projektpartner und ihre Lehrkräfte einschließlich der Schulleiterin vertreten, sondern auch Repräsentanten seitens der Kultur- und Stadtverwaltung. Der stellvertretende Bürgermeister begrüßte uns mit einer freundlichen Willkommensrede, in der er die guten und langjährigen Kontakte zu Deutschland herausstellte. Ursula Bühler bedankte sich für die Gastfreundschaft und betonte, dass es in diesem Projekt nicht nur um erfolgreiche Zusammenarbeit gehe, sondern auch darum, dass sich türkische und deutsche Schüler besser verstehen und Freundschaften schließen. Als wir erfuhren, dass der Bürgermeister von Sancaktepe zur gleichen Zeit in Heilbronn zu einem Antrittsbesuch beim Oberbürgermeister Harry Mergel weilte, wurde uns bewusst, dass mit unserer Begegnung nicht nur Zusammenarbeit und Freundschaft begründet wurde, sondern dass wir vielleicht auch einen kleinen Baustein für eine zukünftige Städtepartnerschaft zwischen Heilbronn und Istanbul-Sancaktepe gesetzt hatten.
Während die beteiligten Lehrkräfte die inhaltlichen und technischen Voraussetzungen für das nächste Projekt besprachen, gab es für die Teams genügend Zeit, sich auszutauschen.

Bosporus-Fahrt
Anschließend ging es bei strahlendem Sonnenschein zur gemeinsamen Bosporus-Fahrt. Türkische Musik, ausgelassene Stimmung und ein türkisch-englisches Sprachgewirr zeigten, wie schnell deutsch-türkische Freundschaft entstehen kann.

Am Ende der Bosporus-Fahrt machten sich die türkischen Teams auf den Heimweg. Unser Bus fuhr uns am Bosporus entlang, den Berg hinauf zu einem Restaurant. Als wir vor diesem eleganten Haus standen, kamen uns doch heimliche Zweifel ob wir, so verschwitzt wie wir waren, die passenden Gäste für dieses elegante Haus seien. Wir wischten diese Zweifel beiseite und genossen den „lecker Fisch“, zu dem Yunus Kul die gesamte deutsche Gruppe eingeladen hatte. Die politischen Gespräche zwischen den Begleitern auf Türkisch und auf Englisch zeigten, wie groß das Interesse an der jeweils anderen Nation war.
Zurück am Hostel drehten die Heilbronnerinnen mitten auf der Straße noch rasch einen Videoclip und verabschiedeten sich mit dieser Videobotschaft von ihren türkischen Teams.
Auf den Spuren der Kultur
Am folgenden Tag besuchten die türkischen und deutschen Teams gemeinsam die wichtigsten Sehenswürdigkeiten Istanbuls. Die Touristikerinnen durften das Programm bestimmen – und sie wählten im Grunde alles aus, was die Altstadt zu bieten hat. Beginnend mit dem Topkapi-Palast einschließlich Besuch des Harems.

Danach folgte eine Führung in Englisch durch die Hagia Sofia, anschließend ein Rundgang zwischen den 336 Säulen der Zisterne, ein Fotostopp vor dem Deutschen Brunnen

und weiter zur Blauen Moschee.

Dass bei diesem Programm – nach einem gemeinsamen Mittagessen – am Nachmittag noch alle die Kraft hatten, den Großen Basar zu besuchen, grenzte fast an ein Wunder. Yunus Kul und Ali Madensoy zogen sich auf ein Gespräch unter Männern in ein Café zurück, alle anderen begaben sich auf Schatzsuche durch 60 Straßen und 4000 Läden.

Die meisten kamen nach drei Stunden müde aber glücklich zum vereinbarten Treffpunkt. Noch ein kurzer gemeinsamer Spaziergang zum Fähranleger Eminönü. Da standen bereits die beiden Busse, um die türkischen Teams nach Sancaktepe und die Deutschen in Richtung Taksim-Platz zu fahren. Es galt Abschied zu nehmen und nach vielen herzlichen Umarmungen, Abschiedsgeschenken, Tränen der Rührung und weiteren Umarmungen konnten wir unseren herzlichen Gastgebern nur noch so lange zuwinken bis ihr Bus im Straßengewirr verschwunden war.
Danach fühlten wir uns irgendwie halbiert, sodass wir uns beim Abendessen nur schweren Herzens in Gruppen aufteilen konnten, um anschließend gleich wieder gemeinsam in einer Seitenstraße zur Istiklal Caddesi zusammenzuglucken.
Am vierten Tag schafften wir es endlich zu Fuß vorbei am Galata-Turm über die Galata-Brücke auf die andere Bosporusseite zu gelangen. Regen und Wind trieb uns in den Ägyptischen Basar, der vor allem durch seine vielen Gewürze bekannt ist.

Uns war kalt und wir waren müde, so dass uns Ali Madensoy auf eine kurze Fahrt mit der Tünel-Bahn, einer unterirdisch verlaufenden Standseilbahn, einlud, die uns ein bisschen näher an unser Hostel brachte.
Abschied
Ein letztes gemeinsames Abendessen und schon galt es am nächsten Morgen Abschied von Istanbul zu nehmen. Wir freuten uns auf eine allerletzte Fahrt mit Zeki, unserem Busfahrer, den wir am liebsten mit nach Deutschland genommen hätten. Wie angewurzelt standen wir auf dem Bürgersteig, als wir sahen, dass in dem heranfahrenden Bus unser Fahrer überhaupt nicht drinsaß. Enttäuscht luden wir unser Gepäck ein – doch dann erlebten wir nochmals das geballte türkische Temperament. Hinter uns der Bus mit Zeki, heftige Gesten und viele türkischen Worte zwischen den beiden Busfahrern, wir stiegen alle wieder aus, Autofahrer hupten wegen der von uns verursachten Verkehrsbehinderung, wir luden unser Gepäck um und stiegen vergnügt in Zeki‘s Bus. Auf der Fahrt zum Flughafen versuchten wir noch ein letztes Mal die faszinierenden Bilder der Stadt festzuhalten.
Mit vielen Eindrücken, unvergesslichen Geschichten und vielen tollen Erlebnissen kamen wir in Heilbronn an und freuten uns, dass wir Teil dieses besonderen Projekts sein durften.
Ursula Bühler, Abteilungsleiterin Berufsschule